Textzitat aus “Suture – Phantasmen der Vollkommenheit”

In Maria Hahnenkamps zusammengenähten Farbfotografien besteht der Prozeß des Bildermachens buchstäblich daraus, daß in das Foto ein Loch geschnitten und das Gesicht der Frau aus dem Bild herausgeschnitten wird, nur die Haare sind übriggeblieben. Sie schneidet das Gesicht aus und näht dann eine wieder zusammengesetzte, geflickte Darstellung dessen, was vom Originalbild übriggeblieben ist, darauf. Das aufgenähte Stück fungiert als Flicke. Hahnenkamp setzt die Flicke als Metapher für das Lacan′sche Objekt. Dieses Objekt wird in der Theorie sowohl als Lücke in der Signifikationskette als auch als das verstanden, das diese Lücke überdeckt. Indem sie das Objekt, die Flicke, schafft, legt sie das Loch darunter frei.

Silvia Eiblmayr

Publiziert in: „Suture – Phantasmen der Vollkommenheit“, Salzburger Kunstverein (Hrsg.), 1994

Silvia Eiblmayr – Phd. in Kunstgeschichte, Kuratorin; lebt und arbeitet in Wien. 1998–2008 Leiterin der Galerie im Taxispalais in Innsbruck, 1993–1995 Direktorin des Salzburger Kunstvereins. Zahlreiche Gastprofessuren und Lehraufträge im In- und Ausland. Autorin und Herausgeberin zahlreicher Texte und Publikationen. Als Buch ist erschienen: „Die Frau als Bild“ – der weibliche Körper in der Kunst des 20. Jahrhunderts (1993/2003).

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