HTBLVA Spengergasse Wien, 2012

Geladener Wettbewerb:

»Metamorphosen von Raum und Zeit«, 2009–2012

(in Zusammenarbeit mit Arch. Willi Frötscher)

Innenhofgestaltung der Schule HTBLVA für Textilindustrie und EDV

1050 Wien, Spengergasse 20

Mehrere Gebäude aus verschiedenen Epochen (19., 20. und 21. Jhdt.) wurden saniert um- und auch neugebaut. Der Architekt Otmar Hasler schließt die Kette der Gebäude mit dem gläsernen Verbindungsgang der Labors und definiert damit einen gestreckten Innenhof von 125 Metern. Unser künstlerischer Entwurf geht auf diese vorgefundenen Gegebenheiten ein und entfacht einen Dialog mit den Strukturen der Architektur, wie z.B. der extrem langgestreckten Form und dem markanten Glaskorridor. Wir verhelfen diesen architektonischen Strukturen zu einer künstlerischer Sichtbarkeit.

Der sandfarbene Bodenbelag in Asphalt schafft eine natürliche Atmosphäre, wie von einer offenen Landschaft. Das Ornament (1860) entlang des Glaskorridors – in schwarzer Farbe am Asphaltboden aufgetragen – verbindet die einzelnen historischen Epochen des Gebäudes und verweist auf die lange Geschichte der Schule und verkörpert das Weitergeben von Traditionen und Wissen und den daraus möglichen geistigen und auch persönlichen Entwicklungen. Die Ornamentlineatur beginnt beim Altbau mit naturalistischen Motiven, der tradierten Form. Es wächst und dehnt sich über die gesamte Länge aus, um sich dann im Bereich des Neubaus zu überlagern, verdichten und zu verzerren. Einerseits wird das Ornamentale (das ja bereits eine Abstraktion von Naturelementen ist) auf diese Weise dekonstruiert und in einer neuerlichen Abstraktion aufgelöst. Andererseits verweist diese Metamorphose wiederum auf eine zeitliche Spur aus der Vergangenheit, gerichtet in eine Zukunft, die Erneuerung ermöglicht und fördert.

Die Spiegelung der Sprossenstruktur von der Glasfassade auf die gegenüberliegende Seite des Hofes, in Form von begrünten Rankgerüsten, stellt einen Dialog mit dieser her. Die Rankgerüste sind abgerückt von den Gebäuden und mit Wildem Wein berankt. Sie bilden einen Filter, der alle verunklärenden baulichen Notwendigkeiten abschirmt. Ein von unterschiedlich hohen Gräsern bewachsener Streifen, öffnet und konturiert einen „Grün“-Raum zu den Gebäuden. Bestehende Bäume bekamen Grüninseln, neue Bäume wurden ebenfalls in Inseln mit weiß blühenden Gräsern gepflanzt. Durch die Bepflanzung wird im Hof der Wandel der Jahreszeiten erlebbar. So wie in der Ornament-Zeitspur, möchten wir auch auf der Rank-Gerüstseite den historischen Wurzeln eine Sichtbarkeit geben. Vor dem ältesten Gebäudebereich der Schule integrierten wir aus dem Bestand der Schule 12 Fenstergitter in das Rank-Gerüst (umgestülpt und dicht aneinander gereiht) und schufen einen – im übertragenen Sinn – schmiedeisernen Vorhang. In deren kunsthandwerklichen Bearbeitung finden wir bereits eine Abstrahierung von Pflanzenmotiven, womit wir eine Beziehung zur Ornament-Zeitspur herstellen möchten. Die Ornament-Spiegelung in der Glasfront der Fassade verdoppelt das Ornament-Bild vom Boden und das Rankgerüst von gegenüber und erweitert die räumliche Enge des Hofes visuell.

Willi Frötscher Auszug aus der Eröffnungsrede, 2012

Willi Frötscher – 1962 geboren in Innsbruck, Tirol; 1986 Diplom Meisterklasse für Architektur Prof. Holzbauer an der Hochschule für Angewandte Kunst, Wien (Mag.arch.); 1987-89 Architekturstudium an der UCLA – University of California, Los Angeles, (M.arch.); Mitarbeit in verschiedenen Architekturbüros in Wien; 1994-98 Universitätsassistent an der TU-Wien (Prof. Helmut Richter); Lehraufträge an der TU Wien – seit 2000 gemeinsames Büro mit Christian Lichtenwagner.

www.FROETSCHERLICHTENWAGNER.AT

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